Das vergangene Jahr ist als Katastrophenjahr in die Annalen der Weltgeschichte eingegangen. In den USA tobten die Tornados wie selten zuvor, in Fernostasien reihte sich eine Überschwemmung an die andere - auch der australische Kontinent war betroffen, in Neuseeland bebte die Erde und über allem: Fukushima! Zuerst ein heftiges Erdbeben, gefolgt von einem Tsunami und der anschließenden Atomkatastrophe. Schenkt man den Studien der Klimatologen Glauben, so ist dies noch lange nicht alles gewesen. Aufgrund der Erderwärmung muss mit immer mehr Naturkatastrophen gerechnet werden, die auch weitaus heftiger als bisher ausfallen können. Am wahrscheinlichsten in unseren Breitengraden sind neben den Überschwemmungen Erdbeben. Aufgrund des tektonischen Aufbaus des Planeten driften die unterschiedlichsten Platten aufeinander zu oder weg. Aktive Zonen befinden sich etwa in den Südalpen (der Mediterran-asiatischer Gürtel) bzw. in der oberrheinischen Tiefebene (Oberrheingraben). Derzeit wird gottlob nur geringe seismologische Aktivität gemessen. Das war in Basel im Jahre 1356 anders. Ein verheerendes Erdbeben forderte tausende Menschenleben und richtete unsagbares Leid an. Es hatte die Stärke 6,5 bzw. 7 auf der nach oben offenen Richterskala - auf heutige Verhältnisse umgelegt bedeutet dies hundertausende Obdachlose, zehntausende Verletzte und tausende Tote. Bei einem solchen Ernstfall bedarf es geübter und trainierter Helfer sowie geistesgegenwärtiger Koordinatoren in den Einsatzzentralen. Deshalb wollen sich zivile und militärische Einsatzkräfte penibel auf einen solchen Ausnahmezustand vorbereiten. Vergangene Woche wurde im Kanton Baselland die Seismo 12 abgeschlossen. Von einem Beben in dieser Region wären nicht weniger als 6,2 Mio. Menschen betroffen. Insgesamt beteiligten sich 1.630 Personen an diesem Planspiel. Diese Woche folgt die realitätsnahe trinationale Katastrophenübung "Terrex 12". Von Kiefersfelden bis Konstanz - die nördliche und westliche Schweiz sowie das österreichische Bundesland Tirol üben dieser Tage den Ernstfall. Eingebunden sind neben den Rettungsorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz oder auch dem Technischen Hilfswerk erstmals drei militärische Truppenkörper: Das Wehrbereichskommando IV der Deutschen Bundeswehr, die Territorialregion 4 der Schweizer Armee und das Militärkommando Tirol sowie die 6. Jägerbrigade des Österreichischen Bundesheers. Eine Übung in dieser Größe und Zusammensetzung gab es in Mitteleuropa noch nie. |
"Terrex" ist die Abkürzung für "Territorial Exercise". Die Übung geht aus einer Absichtserklärung der Generalstabschefs der drei Länder hervor, die am 17. Oktober 2006 unterzeichnet wurde. Demgemäß sollen die Streitkräfte im Rahmen von Katastrophen oder "Großschadensereignissen" grenzüberschreitend die Arbeit des Zivilschutzes unterstützen. Was auf ziviler Ebene schon längst erfolgreich erprobt wurde, ist auf militärischer gar nicht so einfach. Jedes Land tauscht deshalb mit den beiden anderen Verbindungskommanden aus. Gesetzlich geregelte Notfallpläne sollen dabei praktisch angewandt, überarbeitet und angeglichen, Kommunikationseinrichtungen parallelgeschaltet werden. Die Übungsannahme besteht in einer Schlechtwetterperiode mit Überflutungen, Großbränden und einem Erdbeben der Stärke 6,2 bzw. 6,3 auf der nach obenhin offenen Richterskala - dies alles entlang des Grenzgebietes von Baden Württemberg und der Schweiz bzw. Bayern und Tirols. Die bisherigen Planspiele sollen nun auch real umgesetzt werden. Geübt wird vom 22. bis 24. Mai in Konstanz (Baden-Württemberg), München, Füssen, Kiefersfelden und Brannenburg (Bayern) sowie Reutte und Kufstein (Tirol). In diesen Regionen ist während dieser Zeit auch mit leichten Behinderungen zu rechnen, da das Szenario unterschiedlich wirklichkeitsnah durchgeführt wird. Von der Hubschrauberbergung, der Rettung einer havarierten Fähre, dem Hauseinsturz, dem Löschen mehrerer Gastanks über den Brückenbau bis hin zum Ersatz einen ganzen Bezirkskrankenhauses durch ein Hilfslazarett - die unterschiedlichsten Aufgaben müssen gemeistert werden, wobei das Schwergewicht auf dem "Zusammenspiel aller Kräfte" liegt. Im Einsatz stehen mehr als 2.500 Soldaten der drei Länder, die auf deutscher Seite von über 20 zivilen und militärischen Krisen- und Katastrophenschutzstäben geleitet werden. Involviert sind somit nicht nur zwei Bundesländer, sondern auch drei Regierungsbezirke und acht Landkreise. In Konstanz bekommen es die zivilen und militärischen Rettungs- und Katastrophenkräfte noch mit einer ganz speziellen Aufgabe zu tun: Den "Antimilitärischen Aktionstagen", zu welchen Bundeswehrgegner aufgerufen haben. Sie lehnen den Militär-Einsatz in Afghanistan, die Polizeieinsätze im Mittelmeer und am Kap Horn sowie die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft ab. Neben einer Radtour und einem Vortrag sind auch Kundgebungen während des gesamten Donnerstags sowie beim Abschlusskonzert des Bundeswehrorchesters im Stadtgarten vorgesehen. (Ulrich Stock) |
TAM-News |
||
Online-ZeitungTerrex 2012 - Hilfe kennt keine Grenzen |
23.05.2012 |
Bild: CDomhardt / pixelio.de
|